Welche Geburtsposition ist die beste für mich?
Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit Hebamme Vivian entstanden.
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Die Dauer einer Geburt variiert von Frau zu Frau, sie ist sehr individuell. Selten findet die Geburt in nur einer einzigen Geburtsposition statt. Je nach Geburtsphase und persönlichem Empfinden wechselt die Gebärende mehr oder weniger häufig ihre Position. Um ein Gefühl für die jeweiligen Geburtspositionen zu entwickeln, findest Du in diesem Beitrag eine Übersicht über die Geburtsphasen und sieben geeignete Gebärpositionen inklusive deren Vor- und Nachteile.
Geburtsphasen
Aktive Eröffnungsphase
Die aktive Eröffnungsphase beginnt, wenn der Muttermund schon 3cm geöffnet ist. In dieser Geburtsphase werden die Wehen zunehmend länger und intensiver. Sie treten ca. alle drei bis sechs Minuten ein und bewirken, dass sich der Muttermund weiter öffnet. Diese Phase endet wenn sich der Muttermund vollständig, also auf ca. 10cm, geöffnet hat.
Welche Geburtsposition ist in dieser Geburtsphase die beste? In dieser Phase hilft es vielen Gebärenden, eine stehende oder gehende Gebärhaltung einzunehmen. Durch die Schwerkraft und die Bewegung wird der Druck des Babykopfes nach unten verstärkt, sodass sich das Baby leichter durch die Beckenräume schieben kann. Auch nach vorne gebeugte Positionen sowie den Vierfüßlerstand empfinden viele Frauen als angenehm, da sie Arme und Kopf ablegen können.
Als Wehen werden die rhythmischen Kontraktionen der Gebärmuttermuskulatur bezeichnet, die durch das Hormon Oxytocin gesteuert werden.
Bei einer Wehe ziehen sich die Muskeln der Gebärmutter zusammen. Dadurch wird die längsgestreifte Gebärmuttermuskulatur verkürzt und öffnet dadurch den Muttermund. Gleichzeitig wird der obere Teil der Gebärmutter (der Fundus) dicker und stärker und kann das Kind bei jeder Wehe tiefer schieben.
Austrittsphase
Wenn der Muttermund vollständig geöffnet ist, rutscht das Kind in den Geburtskanal. Da vermehrt Oxytocin ausgeschüttet wird, verstärken sich die Kontraktionen in diesem Geburtsabschnitt. Um mit dem geringsten Widerstand tiefer in den Geburtskanal zu gelangen, dreht das Baby seinen ganzen Körper.
Die letzten Wehen in der Austrittsphase werden als Presswehen bezeichnet. Diese Pressphase kann ca. 20 bis 40 Minuten dauern. Diese Zeitspanne ist aber sehr individuell (bei Erstgebärenden kann sie durchaus länger dauern bei Mehrgebärenden deutlich kürzer). Der Kopf des Babys übt einen Druck auf den Enddarm aus, der bei der Gebärenden den natürlichen Drang zum Pressen auslöst (Presswehen sind für die werdende Mutter sehr kraftraubend, es ist also auch in dieser Phase sinnvoll eine Geburtsposition einzunehmen, welche die Gebärende entlastet).
Zuerst wird der Kopf des Kindes geboren. Hier gewährleistet die Hebamme einen Dammschutz, also eine Druckausübung auf die Muskulatur des Damms, um die Geschwindigkeit des Kopf Durchtritts zu regulieren. Auf diese Weise kann die Wahrscheinlichkeit eines Dammrisses verringert werden. Die Geburt des restlichen Körpers erfolgt bei der nächsten Wehe, wenn sich der Babykörper gedreht hat, sodass die Schultern durch den längsovalen Beckenausgang passen.
Geeignete Geburtspositionen: Die besten Geburtspositionen in der Austrittsphase sind zum Beispiel der Vierfüßlerstand oder die tiefe Hocke. Auch hier kann es angenehm sein zwischen den Positionen zu wechseln, um dem Baby den Weg durch den Geburtskanal zu erleichtern.
Geburtspositionen im Detail
Laufend oder Stehend
Diese Geburtsposition eignet sich in der Eröffnungsphase. Du kannst zwischen den Wehen herumlaufen und Dein Becken kreisen, sodass Dein Baby tiefer rutschen kann. Während der Wehen ist es günstiger, stehen zu bleiben und sich irgendwo festzuhalten. Das kann zum Beispiel eine Sprossenwand oder Dein Partner/ Deine Partnerin sein. Du kannst Dich auch an einem von der Decke hängenden Seil oder Tuch festhalten und Dich etwas hängen lassen. So wird etwas Gewicht von Deinen Beinen genommen.
- Vorteile: Durch das Laufen, die Schwerkraft und das Becken Kreisen öffnet sich der Muttermund schneller, sodass der Geburtsprozess optimal vorangetrieben wird. Die Wehen sind besonders effektiv und kommen regelmäßiger. Durch die Bewegung kann die Gebärende leichter atmen und sich besser von den Schmerzen ablenken.
- Nachteile: Obwohl umherlaufen den Geburtsverlauf positiv vorantreibt, kann es auf Dauer sehr anstrengend werden oder zu Kreislaufproblemen führen.
Rückenlage
Die Rückenlage ist die bekannteste unter den Geburtspositionen, denn sie ist meist die einzige Position, die in vielen Filmen oder auch anderen Medien gezeigt wird. Wie Du aber bei den Vor- und Nachteilen sehen wirst, ist sie nicht die praktischste und angenehmste Position um zu gebären. Bei der Rückenlage liegst Du leicht erhöht auf einem Bett oder einem speziellen Stuhl. Während der Austrittsphase winkelst Du Deine Beine an und umfasst mit Deinen Händen Deine Kniekehlen.
- Vorteile: Die Vorteile bei der Rückenlage sind, dass Du Kraft sparen (nicht so wie beim Stehen oder Hocken) und in den Wehenpausen gut entspannen kannst. Außerdem ist diese Lage für die Hebamme und den Arzt am günstigsten, da sie den Geburtsverlauf gut im Blick haben und bei Komplikationen schnell eingreifen können.
- Nachteile: Die Nachteile überwiegen bei der Rückenlage. Dein Geburtskanal ist liegend enger und Dein Becken unbeweglicher. Außerdem kann die Schwerkraft nicht ausgenutzt werden, die Wehen sind dementsprechend nicht so effektiv wie in anderen Positionen. Das alles führt dazu, dass die Geburt länger andauert und Du eventuell mehr Schmerzen verspürst. In dieser Position ist es ebenfalls möglich, dass Dein Baby auf die Hohlvene drückt (Vena-Cava-Syndrom). Dabei wird der Rückfluss Deines Blutes verhindert, sodass es zu Symptomen wie Schwindel oder Übelkeit kommen kann.
Seitenlage
In der Seitenlage liegst Du ähnlich wie bei der Rückenlage bloß, dass Du Dich auf die Seite drehst.
- Vorteile: Durch die Seitenlage wird Deine Hohlvene und Dein Becken entlastet und Du kannst Dich ähnlich wie bei der Rückenlage in den Wehenpausen besser entspannen. Wenn Dein Baby noch nicht in der richtigen Position liegt, kannst Du es durch diese Lage dazu animieren sich zu drehen.
- Nachteile: Ähnlich wie bei der Rückenlage ist auch bei der Seitenlage der Geburtskanal deutlich enger (aber trotzdem etwas weiter als bei der Rückenlage) und das Becken unbeweglicher. Die Schwerkraft kann auch hier nicht ausgenutzt werden und die Wehen sind weniger effektiv. Das kann zu einer schmerzhafteren und länger andauernden Geburt führen.
Vierfüßlerstand
Beim Vierfüßlerstand, auch Knie-Ellenbogen-Lage genannt, kniest Du auf dem Boden oder einem Bett. Mit Deinem vorgebeugten Oberkörper kannst Du Dich auf dem Boden, einem Kissen oder einem Pezziball abstützen.
- Vorteile: In dieser Position hast Du zum einen viel Bewegungsfreiheit und Du kannst Deinen Rücken und Deine Wirbelsäule entlasten. Da Du besser atmen kannst, lassen sich die Wehen besser aushalten und „wegatmen“. Der Geburtsvorgang wird beschleunigt, da Dich die Schwerkraft unterstützt und Du Dein Becken sehr frei bewegen kannst. Da weniger Druck auf dem Damm liegt, sinkt das Risiko für einen Dammriss.
- Nachteile: Diese Haltung ist ungewohnt und kann auf Dauer sehr anstrengend werden.
Sitzend
Wenn Du Dein Baby im Sitzen gebären möchtest, hast Du drei Möglichkeiten: mit dem Gebärhocker, einem Pezziball oder einem ganz normalen Stuhl. Wenn Du einen Stuhl verwendest, kannst Du Dich rücklings breitbeinig daraufsetzen und Dich an der Rückenlehne festhalten. Fühlst Du Dich mit einem Pezziball am wohlsten, kannst Du Dich auf ihn setzen, leicht wippen und Dein Becken kreisen. Der Gebärhocker besitzt keine Rückenlehne und ist wie ein Halbkreis geformt. Wenn Du auf ihm sitzt, kannst Du Dich entweder an Deinen Partner/ Deine Partnerin lehnen oder an einem von der Decke hängenden Seil festhalten. Für die letzte Phase der Geburt ist nur der Gebärhocker geeignet, da bei sitzenden Positionen auf einem Pezziball oder Stuhl der Ausgang blockiert wäre.
- Vorteile: In dieser sitzenden Position kannst Du Dich optimal von Deinem Partner/ Deiner Partnerin stützen oder massieren lassen. Da Du aufrecht sitzt, wird ein stärkerer Druck auf den Muttermund ausgeübt, die Schwerkraft hilft Dir also die Geburt voranzutreiben. Sitzend hast Du mehr Bewegungsfreiheit und Stabilität zugleich. Es liegt weniger Druck auf Deinem Kreuzbein und Du bekommst besser Luft. Wenn Du Dich in dieser Position nach vorne beugst entlastest Du zusätzlich Rücken, Beckenboden und Damm.
Hocke
In dieser Position hockst Du entweder auf den Fersen oder auf einem Geburtshocker. Wenn diese Position zu anstrengend wird, kann Dich Dein Partner/ Deine Partnerin stützen oder Du hältst Dich an einem Seil fest, das von der Decke hängt.
- Vorteile: In der Hocke sind die Wehen um einiges effektiver, da ein stärkerer Druck auf den Muttermund ausgeübt wird und Dein Beckenausgang besonders weit geöffnet ist. In dieser Position kannst Du aktiv und gezielt mit pressen, deswegen ist sie auch besonders gut für die Austrittsphase geeignet.
Wassergeburt
Die Wassergeburt wird immer beliebter. So kommt heutzutage ungefähr jedes 20. Kind in der Gebärwanne zur Welt. Die werdende Mama liegt dafür in einer Gebärwanne (auch in einer ganz normalen Badewanne möglich) mit warmem Wasser (34 bis 36 Grad Celsius), was bei der Entspannung, sowie Beruhigung hilft und die Schmerzen lindern kann. Außerdem besteht bei der Wassergeburt ein geringeres Risiko für einen Dammriss, da die Muskulatur und das Gewebe weicher und dehnbarer sind. Auch für das Neugeborene ist eine Wassergeburt sanfter, weil es vom Fruchtwasser direkt in das warme Wasser der Wanne rutscht und sich so langsamer an die neue Umgebung gewöhnen kann. Du brauchst Dich nicht davor zu fürchten, dass Dein Baby Wasser einatmet, denn der Atemschutzreflex funktioniert auch noch unter Wasser.
Wichtig ist, dass eine Wassergeburt nur in Frage kommt, wenn für Mutter und Kind keine Risiken bestehen, denn ein schnelles medizinisches Eingreifen ist bei einer Wassergeburt nicht möglich. Bei Mehrlingsgeburten, einem schlechten CTG des Babys (Kardiotokografie= gleichzeitige Messung der Wehentätigkeit der Gebärmutter und der Herztöne des Babys) oder einer Steißlage des Kindes ist keine Wassergeburt möglich. Außerdem musst Du bedenken, dass bei einer Geburt in der Wanne keine PDA möglich ist. Die PDA (Periduralanästhesie) ist ein Betäubungsverfahren, um starke Schmerzen bei der Geburt zu lindern. Dafür spritzt der Arzt ein Medikament in die Nähe des Rückenmarks, um so die Signalweiterleitung der Nerven für eine gewisse Zeit zu unterdrücken.
Falls Du Dich für eine Wassergeburt entscheidest, solltest Du bei der Vorbereitung unbedingt folgenden Punkt beachten: Bei einer Wassergeburt ist es für die Sicherheit des Klinikpersonals wichtig, dass die Ergebnisse eines HIV-Tests und eines Hepatitis-C-Tests der Schwangeren vorliegen. Diese Tests sind in den Standards der Vorsorge enthalten.
Welche Geburtsposition ist die beste für mich?
Sitzend, liegend, stehend – Welche Gebärposition ist nun die beste?
Auf diese Frage gibt es keine allgemeingültige Antwort. Im Verlaufe der Geburt wirst Du Dich, je nach Geburtsphase und Befinden, ganz intuitiv in die Positionen begeben, die sich für Dich richtig anfühlen und mit denen es Dir am besten geht. Wenn Du Dir unsicher bist, wird Dich Deine Hebamme bei der Wahl einer geeigneten Position unterstützen, welche die Geburt Deines Babys in der jeweiligen Phase optimal vorantreibt.
Generell wird empfohlen, in einer aufrechten Position zu gebären, da auf diese Weise die Schwerkraft mithilft, Du besser atmen kannst, Dein Baby leichter durch das Becken rutscht und das Risiko für Geburtsverletzungen reduziert wird.
Du kannst Dich auch schon vor Deiner Geburt mit den verschiedenen Positionen und Möglichkeiten beschäftigen und die verschiedenen Geburtspositionen üben. So hast Du die Möglichkeit mit Deiner Hebamme und/oder Deinem Partner/ Deiner Partnerin zu besprechen in welchen Positionen Du Dich wohlfühlst. Das gibt Dir Sicherheit und Zuversicht für die bevorstehende Geburt Deines Kindes.
Egal für welche Geburtsposition Du Dich entscheidest oder welche Du am Ende einnimmst: bleibe immer konzentriert und positiv! Denke an Dein kleines Baby, das Du schon bald in den Armen halten wirst.
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